Gemeinwohlorientierung und Begabungsförderung – Wie gehen Theorie und Praxis zusammen?
Prof. Dr. Gabriele Weigand & Jun. Prof. Dr. Sebastian Engelmann
Mediale Debatten spiegeln es wider: Begabungsförderung wird zumeist als Instrument der Elitenförderung wahrgenommen und dementsprechend befürwortet oder abgelehnt. Dass es sich bei dieser Diskussion um eine Scheindiskussion handelt, die statt intensiver Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Diskursen um Begabungsförderung auf politische Rhetorik setzt, ist Anlass für diesen Vortrag, der sich mit grundlegenden Richtungsdiskussionen der Begabungsförderung auseinandersetzt.
Im Rahmen des Vortrags werden wir die Frage beantworten, in welchem Verhältnis Begabungsförderung und Gemeinwohlorientierung zueinander stehen und – noch konkreter – wie Begabungsförderung zu einer Steigerung des Gemeinwohls beitragen kann. Um diese Fragen zu beantworten, werden wir in einem ersten Schritt ein gemeinwohlorientiertes Verständnis von Begabungsförderung entfalten, das explizit die in der Demokratiepädagogik und Philosophie verhandelten Arbeiten von John Dewey zu Demokratie und Erziehung und Michael Sandel zur Kritik der Leistungsgesellschaft miteinbezieht. In einem zweiten Schritt werden wir ausweisen, wie die von Dewey und Sandel identifizierten Anknüpfungspunkte für eine an der Person des Kindes orientierte und begabungsförderliche Pädagogik in LemaS-Transfer aufgegriffen werden, um in einem dritten Schritt Beispiele aus der LemaS-Praxis zu nutzen, um gewinnbringende Erfahrungen einer gemeinwohlorientierten Begabungsförderung sichtbar zu machen. Der Vortrag ist somit einerseits als pädagogische Grundlagenreflexion, andererseits als Inspiration für Zuhörer*innen zu verstehen, die Begabungsförderung und Gemeinwohlorientierung miteinander verbinden wollen.
Prof. Dr. Gabriele Weigand: Professorin für Erziehungswissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, ist Koordinatorin des Forschungsverbunds LemaS und Sprecherin der Steuergruppe LemaS-Transfer. Während der 1. Phase der Bund-Länder-Initiative „Leistung macht Schule“ leitete sie die Teilprojekte 1 und 2 zu Leitbild- und Schulentwicklung sowie Auf- und Ausbau kooperativer Netzwerkstrukturen am Standort Karlsruhe, in LemaS-Transfer ist sie Co-Leiterin des Regionalzentrums Süd und mitverantwortlich für den Bereich partizipative Forschung. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Personale Pädagogik, Schulentwicklungs- und Schulbegleitungsforschung, Begabungsforschung, Biografieforschung, Institutionelle und Interkulturelle Pädagogik. Gabriele Weigand ist Mitglied im International Panel of Experts for Gifted Edudation (iPEGE) sowie des Herausgeberteams der Zeitschrift Begabungsforschung und Talententwicklung (BeTa). Sie leitet zudem das evoc-Weiterbildungsinstitut Person | Begabung | Schule.
Jun.-Prof. Dr. Sebastian Engelmann ist seit April 2021 Juniorprofessor für Allgemeine Erziehungswissenschaft. Er studierte in Oldenburg und Jena Erziehungswissenschaft, Sozialwissenschaft, Anglistik und Angewandte Ethik. Er arbeitete während seiner Promotion von 2015 bis 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Historische Pädagogik und Globale Bildung in Jena. Von 2017 bis 2021 war er als Post Doc wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Allgemeine Pädagogik an der Universität Tübingen. Arbeitsschwerpunkte in Forschung und Lehre sind Alternative Schulkonzepte, Reformpädagogik und Demokratiepädagogik.