Durch die Erfolge der künstlichen Intelligenz gewinnt menschliche Intelligenz an Bedeutung. Gedanken aus Sicht der kognitiven Neuropsychologie
Prof. Dr. Willi Stadelmann
Wir sind mitten in einer grossen technisch-industriellen Revolution. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz verändern unseren Alltag und beeinflussen unser Bildungswesen tiefgreifend. Computer lernen, immer eigenständiger zu lernen. Maschinelles Lernen erhält in unglaublicher Geschwindigkeit immer grössere Bedeutung in der Wirtschaft, in der Medizin, in der Bildung. Sind diese Maschinen wirklich intelligent? Welcher Intelligenzbegriff liegt denn der Künstlichen Intelligenz zugrunde? Werden die Computersysteme intelligenter als der Mensch?
Verschiedene Promotoren der Künstlichen Intelligenz entwerfen quasi ein goldenes Zeitalter (z.B. Ray Kurzweil):
In den nächsten 10 Jahren werden die meisten Krankheiten dank Neurorobotern verschwunden sein, die effizienter als die derzeitige Medizintechnik sein werden.
Im Jahr 2029 wird die Künstliche Intelligenz das Niveau der menschlichen Intelligenz erreichen.
Um 2040 wird die nicht-biologische Intelligenz eine Milliarde Mal leistungsfähiger sein als die biologische Intelligenz.
Die ersten Menschen, die ewig leben werden dank der Fortschritte der Genomik, Nanotechnologie und Robotik, sind wahrscheinlich bereits unter uns.
Halten die Verheissungen der Künstlichen Intelligenz einer kritischen wissenschaftlichen Analyse aus Sicht der heutigen kognitiven Neuropsychologie stand? Verändert Künstliche Intelligenz das Lernvermögen des Menschen? Lassen sich Wissen, Verhalten, Emotionen, Vernunft und Bewusstsein auf externe Festplatten speichern und werden so unsterblich?
Die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz müssen für uns Anlass zur Besinnung darauf sein, was das Wesen der menschlichen Intelligenz ausmacht. Das typisch Menschliche der menschlichen Intelligenz muss in der Bildung priorisiert werden: Wie muss sich die Unterrichtskultur anpassen? Was sind «Future Skills», «21st Century Skills»? «4K-Kompetenzen»? Was können sie zur Unterrichtsentwicklung beitragen?
Prof. Dr. phil. nat. Willi Stadelmann:
Geboren am 20. Juli 1945 in Bern. Studium der Chemie, Biochemie und Physik an der Universität Bern. Promotion zum Dr. phil. nat. (Chemie, Biochemie, Physik) 1975.
Gymnasiallehrerdiplom für Chemie und Physik (1973).
Anschliessend Studien in Entwicklungspsychologie, Pädagogischer Psychologie, Neuropsychologie und Pädagogik an den Universitäten Bern und Freiburg.
Rektor des Literargymnasiums Bern-Kirchenfeld (1980 bis 1988).
Vorsteher des Amts für Kindergarten, Volks- und Mittelschule AKVM der Erziehungsdirektion des Kantons Bern bis 1997.
Ab 1998 bis 2002 Leiter der Bildungsplanung Zentralschweiz (pädagogische Stabsstelle der Bildungsdirektorenkonferenz Zentralschweiz).
Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Lehrerinnen- und Lehrerbildung SGL (1998 – 2004).
Vom 1. 4. 2002 bis 30. 9. 2010 (Gründungs-) Direktor der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz (PHZ).
Bis Juli 2010 Präsident der Schweizerischen Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der Pädagogischen Hochschulen (COHEP).
Bis 2019 Mitglied des Stiftungsrats und Hochschulrats der KPH Wien/Krems.
Heute weiterhin:
- Forschungs-Tätigkeit, Vorlesungen, Vorträge, Publikationen auf dem Gebiet der Lern-, Begabungs- und Intelligenzforschung insbesondere basierend auf kognitiver Neuropsychologie und Genetik.
- Leitung eines Moduls des Masterstudiums IBBF der PH FHNW (Begabungs- und Begabtenförderung, Schul- und Qualitätsentwicklung).
- Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich, PHOÖ in Linz.
- Gründungsmitglied von iPEGE (International Panel of Experts for Gifted Education).
- Mitherausgeber der Lehrbuch-Reihe „Lehren lernen. Basiswissen für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung“ des Verlags Klett/Kallmeyer.
- Mitglied des Kuratoriums von Weltethos Schweiz.